Protokoll

On the road…..

Anlässe und Gründe für einen Besuch der Bergstraße gibt es viele:

  • die pittoreske und schmucke Altstadt von Heppenheim, die selbst verwöhnte Limburger ins Schwelgen bringen könnte- die bewaldeten Hänge des Odenwaldes mit dem Melibokus,
  • das Schloss Erbach mit seinem Elfenbein-Museum,
  •  das Café „Muse Chocolat“, das nicht nur ob des Hundewetters höchstes Lob erhielt,
  • die mittelalterliche Schänke namens Herzblut, dessen Wirt es gelang, aus einem bestenfalls achtsitzigen Tisch eine Tafel für 16 zu machen,
  •  die gewaltige Ruine von Schloss Auerbach, die einen beeindruckenden Blick in das Rheintal bot und die Aar-Einricher an den vergangenen Glanz derer von Katzenelnbogen erinnerte,
  • die Schauplätze der 1848er Bemühungen um die Einigung des deutschen Reiches anlässlich der Heppenheimer Versammlung von 1847, unter Teilnahme des August Hergenhahn aus Nassauischen Landen,
  • die Wiege der Freien Demokratischen Partei, die 1948 mit seinem ersten Vorsitzenden Theodor Heuss das Licht der Welt in Heppenheim erblickte.

Letztere Ereignisse insbesondere sind eng verbunden mit dem Hotel „Halber Mond“, das auch den 16 wohlbeschirmten Weingeschwistern, die nach 2019 eine zweite Exkursion in diesen formalen Appendix der Weinbau-Region Rheingau wagten, als temporäre Heimstatt diente. Es bleibt zu hoffen, dass der Zustand des Etablissements in jenen Zeiten den Logierenden besser konvenierte!?

Die polyglotte Reisegruppe, die primär natürlich Anderes im Sinne hatte, ergriff die Gelegenheit beim Schopf, und nahm genannte Tatsachen und Lokalitäten mehr oder wenig erbaut zur Kenntnis, ließ es sich auch ob des prekären Wetters nicht verdrießen – und fand dennoch Zeit, dem Gott Bacchus zu frönen!

Zu diesem Behufe hatte die Reiseleitung 3 Weinmacher und einen Schaumweinmacher ausgewählt und dem Tross anempfohlen. Vorab wird über die Sektkellerei der mildtätige Mantel des Schweigens geworfen und selbst sein Name verschämt unterschlagen – auch wenn sie in den ehemaligen Räumen der Rheingauer Weindomäne stattfindet. Besitzer u.a. nämlichen Etablissements ist die regionale Investorenfamilie Streit, die sich mit der Übernahme des Weingutes von den Fürsten Erbach-Schönberg in die renommierten Winzer der Bergstraße eingliederten und die bekannte Lagen wie Auerbacher Fürstenlager und Höllenberg, Zwingenberger Steingeröll und Alsbacher Schöntal 28 ha ohne Einsatz von Herbiziden bewirtschaften.

Kellermeister Julien Meissner widmet sich in den modernen Kellerei-Anlagen in einem Bensheimer Gewerbegebiet in gleichem Maße Rieslingen und Burgunder-Rebsorten, die er konsequent in Stückfässern und Stahltanks auf der Hefe durchgären lässt. Das Ergebnis sind ausdrucksvolle, stabile – überwiegend trocken ausgebaute – frische Weine, die mit starken mineralischen Abgängen zu gefallen wissen. Dies gilt insbesondere für die Kategorie „Terroir-Weine“, von denen insbesondere der 21er Weissburgunder vom Ranker zu gefallen wusste.

Herr Meissner präsentierte seine Philosophie überzeugend und wies auch kritische Anmerkungen mit Verve in die Schranken. Da weiß einer genau, was er will und wie er das verkaufen muss, was bei den für die Terroir- und Lagenweine aufgerufenen Weinen helfen sollte. Interessant zu wissen, das Verena Schöttle von „Chat Sauvage“ vor ihrem Rheingauer Engagement hier gearbeitet und – wie man hörte – gelitten hat.

Hanno Rothweiler, Eigentümer des ebenfalls in Bensheim-Auerbach ansässigen gleichnamigen Weingutes, hat zumindest eines mit seinem Kollegen Meissner gemeinsam – auch er ein „Überzeugungstäter“. Das Entree gestaltete er mit einem seiner 12 Schaumweine – auch äußerlich leicht angefeuchtet – noch vor der Vinothek.

Danach allerdings ging es flugs an den – mit einer mehr als reichhaltigen Vesper versehenen – Probiertisch und hinein in die Verkostung von 14 der insgesamt ausgewiesenen 42!! Weine (davon 16 rote)!! (Selbige umfangreiche kulinarischen Beilagen sollten die Mitreisenden bis zur Heimkehr begleiten!) Der Protokollant hatte eine Vorauswahl vorgeschlagen, die im Wesentlichen bestätigt wurde, ergänzt von einem Riesling, auf den der Gast Wert legte.
Überhaupt lässt sich dieser Winzer „die Butter nicht vom Brot nehmen“, wie er nachdrücklich bewies! Zitat von seiner Homepage: „Alles was Sie hier nicht erfahren, ist entweder total unwichtig, wurde von uns nachträglich als völlig unwichtig deklariert (um Vergesslichkeit zu kaschieren), oder ist persönlich vom Winzer zu erfahren. Der freut sich nach langen Tagen der Einsamkeit in den Wüsten der Weinberge immer auf ein tiefgründiges Gespräch.“
Diesen klugen Gedanken Folge leistend fügt der Schreiberling nur noch an, dass er die Probe als äußerst genüsslich fand, empfiehlt den 22er Ehrenfelder, „den ganz Besonderen“ 21er Pinot Blanc und den 22er Pinot Noir! Darüber hinaus „Wissbegierigen“ wird anempfohlen, an der nächsten Exkursion teilzunehmen!Zu bedauern bleibt, dass die Erben mit Wein außer dessen Genuss nichts am Hut haben, und das Weingut einen externen Nachfolger haben wird.

Bleibt unser Zwingenberger Referenz-Winzer Simon-Bürkle, dem wir vor 5 Jahren schon einmal die Ehre erwiesen haben. Er hatte in diesem Wochenende zum Hoffest geladen, das sich klimatisch als endlich trocken, aber recht windig erwies. Was man von den Weinen erwartungsgemäß nicht sagen konnte!! Trocken schon, aber ansonsten gehaltvoll – ob es nun die „Granitischen oder Dioritischen“ Rieslinge waren, die Weißburgunder Spätlese, der Auxerrois oder der rote 15 Höllberg – der einzige ältere Jahrgang. Insbesondere die weißen Vor-22er Jahrgänge sind alle ausgetrunken – was den Winzer freuen mag, manchen Trinker eher weniger.

Da das fahrende Personal im Wesentlichen abstinent geblieben waren, wurden die Rothweiler Käse, Würste und sonstige Neigen gerecht geteilt, so dass der sicheren Heimreise nichts mehr – nicht mal die üblichen Frankfurter Autobahn-Kapriolen – im Wege stand.