Weinbruderschaft Nassauerland
–Weingut Ratzenberger–
31. August 2022.
Rhein-Kilometer 543.
Da, wo der Rhein am „rheinischten“ ist, unweit der bekannten Sagen-haften haarkämmenden blonden(?) Schönen, liegt Bacharach, zu keltischen Zeiten Baccaracus. Was zu dem irrtümlichen Gedanken führen könnte, dass der Gott des Weines Bacchus hier gebürtig sei. Die mythologisch und kunsthistorisch gebildeten Bacchus-Adepten und –innen wissen natürlich, dass dem nicht so ist! Dennoch eine nicht uncharmante Assoziation. Und da wir gerade von Namen reden, darf auch die hier ansässige, unserem Gründungskanzler geweihte(?) Werner-Kapelle nicht unerwähnt bleiben!!
Eben hier – um zu dem Thema dieses Machwerks zu kommen – betreibt die Familie Ratzenberger nebst drei Mitarbeitern das gleichnamige VDP-Weingut auf 21 Hektar Devon-schiefrigen und Löss – Terroir, wobei Sohn Jochen für Kellermeisterei und Vertrieb verantwortlich zeichnet („nebenbei“ ist er auch Präsident der VDP-Winzer der Region Mittelrhein), während dem Senior der Herr der Weinberge ist
Ob der offensichtlich an diesem letzten August vorherrschenden allseitigen Limburger Verkehrsprobleme begann die Veranstaltung nach gebührender Begrüßung durch den Bruderschaftsmeister leicht verspätet – dafür aber mit einem Ausrufezeichen:
2019 Bacharacher Wolfshöhle Riesling Auslese
Große Lage 7,5%alc. 129 g Restzucker. Kann man so machen, wenn man der Meinung ist, dass am Ende einer langen Verkostung die Sinne „erschlafft“ sind und wenn man, sozusagen zur Neutralisierung, anschließend
2017 Bacharacher Riesling Sekt brut
mit einem ausführlichen Exkurs in die Geschichte des deutschen Riesling-Sekts im gleichen Glas ausschenkt. Kleine Reminiszenzen an die Auslese im Glas mögen helfen. Der Hersteller ist stolz auf die Idee und auf sein Produkt, wobei die ausführlichen Vergleiche mit Spitzen-Champagnern nicht unbedingt weiter helfen. Auch wenn handwerklich gleiche Bedingungen herrschen mögen, so verbieten unterschiedliches Terroir, Klima und Rebsorten in der Logik des secretarius derartige Vergleiche, insbesondere, wenn impliziert wird, dass der Riesling-Sekt besser sei. Allemal ist er anders.
Überhaupt staunt die unter der gestrengen Fuchtel des Kellermeisters zu exakter Ansprache von olfaktorischen Wahrnehmungen erzogene Gemeinde über die Diktion des Winzers, dem Begriffe wie „charmant, spannend, Hammerwein und geil“ in der Beschreibung seiner Weine zwanglos über die Lippen kommen!
Die Abteilung Gutsweine vertreten
beides Leichtgewichte und „Grünschnäbel“, wobei der „Graue“ mit seiner markanten Mineralität schon zu gefallen weiß.
Nach einigen vergleichenden Kommentaren zur Wein – Kategorisierung im Laufe der Zeiten erfolgt der Übergang zur eigentlichen Domäne des Hauses Ratzenberger – den Rieslingen:
In der Vertikalverkostung der Ortsweine fiel die betonte Säure auf. Während der Ältere ausladend und nachhaltig auf der Zunge bei leicht bitterem Abgang mit leichten Phenol-Noten wahrgenommen wurde, erfreut sich der 21er einer angenehmen Frische mit gutem Alterungspotenzial.
Aus der Abteilung „Erste Lage“
2017 Schloß Fürstenberger Riesling
trocken 11,5%alc. ins Glas, dessen erste Erwähnung aus dem Jahr 1635 datiert. Dieser Wein erfreut sich der besonderen Zuneigung des dänischen Königshauses, was man nach der Probe durchaus verstehen kann. Ein wohl balancierter mineralischer Riesling mit markanter Säure. Man traut ihn zu, auch nach vielen Jahren noch frisch zu sein.
2019 Bacharacher Wolfshöhle GG Riesling
trocken aus 50…60 Jahre alten Rebstöcken, denen jeweils nur zwei Trauben pro Trieb (die nochmals halbiert werden!) im Rückschnitt belassen werden. Der Ertrag liegt somit bei etwa 3.500l/ha. Dies mag hinsichtlich des Aufwands den Preis erklären. Ohne Zweifel gehören beide Jahrgänge zu dem Besten, was deutsche Rieslinge hergeben können. Der 2019er zählt laut Daniel Deckers (FAZ) zu den drei besten seines Jahrgangs in Deutschland!
In der Vertikalverkostung der Ortsweine fiel die betonte Säure auf. Während der Ältere ausladend und nachhaltig auf der Zunge bei leicht bitterem Abgang mit leichten Phenol-Noten wahrgenommen wurde, erfreut sich der 21er einer angenehmen Frische mit gutem Alterungspotenzial.
Abschließend kam GG Spätburgunder
2018 Bacharacher Wolfshöhle GG Spätburgunder trocken,
kam in die Gläser – der unisono akklamiert wurde – das ist, bleibt man im Jargon des Winzers, ein „dolles Ding“! Angesichts der kürzlich verkosteten analogen Weine von Chat Sauvage und Peth-Wetz keimte im Hirn des secretarius die spontane Idee, diese drei verdeckt zu vergleichen. Erstaunlich ist, dass dieser Wein nach 48 Monaten im Tonneau (Zweitbelegung) schon so harmonisch und erwachsen ist. Was, wenn er jetzt noch besser temperiert und gelüftet gewesen wäre!?
Nicht nur wegen der verkehrstechnischen Startverzögerung, sondern auch der Conference des Herrn Ratzenberger halber endete die Weinprobe erst zu fortgeschrittener Stunde, nicht ohne dass der secretarius in seinen dürren Dankesworten feststellte, dass an sehr vielen Dingen – nicht nur bei den Menschen – die weibliche Spezies schuld sei, was er ob des aufkommenden Proteststurms der anwesenden Damen nicht elaborieren konnte. Festhalten will er aber noch, dass das Altern von Weinen in der Region Mittelrhein offensichtlich anders geht als in sonstigen ihm bekannten Teilen dieser Welt – und das liegt hauptsächlich am Terroir!!









