Weinbruderschaft Nassauerland
Weingut Peth-Wetz
29, Juni 2022
Wer denn da immer noch meint, dass im ehemaligen Winzer – Armenhaus auf den Rhein-Terrassen zwischen Mainz, Alzey und Worms kein gescheiter Wein gemacht wird, der läuft der Zeit um mindestens eine Generation hinterher!!
Lange vorbei sind die Zeiten, in denen Weine in der Regel aus dem Fass verkauft und selbst vom sonst alles trinkenden studentischen secretarius mit Missachtung gestraft wurden (der trank da lieber saure „Kiedricher Sandgrub“ oder „Binger St. Rochuskapelle!“)……..über die Jahrzehnte hat sich in Deutschlands größter Weinbau-Region (mehr als 26.000 ha Rebfläche) eine ansehnliche Qualitätsstruktur entwickelt, die zu 70% Weißweine produziert – Rotweine werden verstärkt um Ingelheim und im Wonnegau angebaut. Fast vergessen sind so notorische Lagen wie „Liebfrauenmilch“ – man besinnt sich eher auf Deutschlands wohlmöglich älteste Weinlage, den „Niersteiner Glöck“, erstmals erwähnt 742.
Wenn der Erfolg im Wesentlichen seinen Ursprung in den traditionellen Rebsorten Riesling, Müller-Thurgau, Grauburgunder und Spätburgunder hat, so ist in den letzten Jahren eine junge Winzergeneration herangewachsen, denen die ausgetretenen Qualitätspfade nicht mehr genügen.
Einen Vertreter dieser Spezies lernte unsere Weinbruderschaft in der Person von David Spies aus Dittelsheim schon in den vergangenen Jahren kennen.
Vielleicht noch einen Tick experimentierfreudiger ist Christian Peth vom Weingut Peth-Wetz in Bermersheim, der sein Handwerk u.a. bei den Kellers und Knipsers gelernt hat, darüber hinaus allerdings auch in Chile, USA (Long Island!!) und Australien prägende Erfahrungen gesammelt hat, was die Weinprobe eindeutig belegen sollte. Sein kosmopolitisches Konzept lebt er auch, wenn er immer wieder Weinmacher aus aller Welt (derzeit aus Slowenien) einlädt und mit ihnen gemeinsam auf 40 ha Fläche mit 22 Rebsorten experimentiert.
Kompetent vertreten wurden Maja und Christian Peth durch Miriam Schlüter, die im Weingut für den Verkauf und das Marketing zuständig ist. Ihr durchaus beeindruckendes kommunikatives Talent ist untermauert mit fundiertem Wissen – schließlich ist sie u.a. ausgebildete Sommelière. Und wenn die verteilten Druckwaren aus Ihrer Autorenschaft sein sollten, kann man sie nur beglückwünschen.
Was da auf die in erfreulicher Zahl erschienenen Weingeschwister nebst Gast Andreas Mill (seines Zeichens Gründungsmitglied der Weinbruderschaft) und nach langer Zeit wieder – ebenfalls Gründungsmitglied – Manfred Michel zukam, war schon bemerkenswert!
- 2021Pet(h)natRivaner?! Dem sprachlich Phantasie-Begabten erschließt sich das Wortspiel vielleicht – PetillantNaturel = Natürlich schäumend. Ein auf der Hefe belassener natürlicher Most vollendet seine Gärung in der Flasche! Bei 5 bar Flaschendruck gehört er in die Abteilung der Schaumweine. Eine wachsende Zahl von Naturwein-Adepten mag so was! In der Nase kräutrig, fruchtig, hefig; am Gaumen Rosmarin und Thymian, trocken und durchgegoren. Hier war das Publikum unvorbereitet und überfordert …..obwohl, das hatte was (über die möglichen Konsequenzen der Hefe kann man am nächsten Morgen reflektieren!).
- 2021 Chenin Blanc Estate; die erste Edition aus dem Versuchsanbau auf 1 ha. Die aus Österreich stammenden Rebstöcke werden rigoros entblättert, die Lese beginnt 100 Tage nach der Blüte in drei Etappen: zuerst die Schattenseite, danach Sonnenseite, jeweils im Stahltank vergoren, die Resttrauben gehen ins Barrique (von denen das Weingut in verschiedenster Ausprägung 400 Stück besitzt!!) Ein durchaus fruchtiger leichter – nicht nur – Sommerwein, der im Vergleich zu einem Sauvignon Blanc zurückgenommener und eleganter daher kommt. Man wird abwarten müssen, ob die Rebe homologiert wird.
- 2021 Sauvignon Blanc; die Rebsorte wird auf 11 Parzellen angebaut, als erste gelesen (Stachelbeere!), das Lesegut mit Trockeneis gekühlt und unter CO2-Atmosphäre vergoren, um gegen Oxidation zu schützen. In der Wahrnehmung des Protokollanten ein unauffälliger Zeitgenosse, dem wenig nachzusagen ist.
- 2021 Fumé Blanc Réserve im direkten Vergleich! 100% im gebrauchten Barrique „sur lie“ ausgebaut. Eine völlig andere Welt! Man beginnt, das Konzept des Weingutes zu verstehen, das sich ein Stück weit von der üblichen Kategorisierung „Gutswein – Ortswein – Lagenwein“ absetzt und dafür die Begriffe „E.State – Unfiltered – Réserve – Grand Vintage“ einführt. Wenn man so will, sind erstere unkomplizierte Weiss- und Rosé-Weine, während nach „oben“ der Phantasie keine Grenzen gesetzt sind. Dem wird der Fumé durchaus gerecht – und besticht trotz (zu) geringem Alter mit einer erstaunlichen Harmonie.
- Es soll Weintrinker geben, die eine Chardonnay-Weinburgunder Cuvée für ein absolutes „no go“ halten! David Spies hat mit seiner hoch gelobten „Steinschleuder“ nun schon einige Jahre diese Puristen herausgefordert. Christian Peth tut das Gleiche, vielleicht noch nicht auf dem gleichen Niveau – aber immerhin erhebt sein 21-Jahrgang mit 1.3 g Restzucker und 6.4 g/l Restsäure bei 13 %alc. stolz sein Haupt – er ist halt noch zu jung!
- 2021 Claire Red Rosé (auf gut englisch ein Claret!). Mit fünf verschiedenen Rosés unterstreicht der Winzer seinen Willen zum Experiment. In diesem Fall ein Cabernet Sauvignon in 5 verschiedenen Varianten im Tank vergoren und danach cuvetiert, als Farbgeber sozusagen im Bottich vergorenen Cabernet Sauvignon zugesetzt und fertig ist ein eleganter, süffiger Sommerwein.
- 2020 Assemblage Unfiltered. Alle Weine der Kategorie „Unfiltered“ werden in französischen Barrique ausgebaut. Regelmäßige Batonnage verleiht den Weinen Fülle und Substanz, durch mehrfaches Abstechen wird eine unfiltrierte Abfüllung möglich – in diesem Falle nach 15.…20 Monaten Lagerung in neuem Barrique bei <1g/l Restzucker! Eine regionale Cuvée, deren Zusammensetzung in jedem Jahr neu festgelegt wird – auf der Basis klassischer Bordeaux – Rebsorten und Malbec – Beigaben. Ausgebaut als Reserve eines der Markenzeichen des Weingutes – und wohl in Bälde auch wieder verfügbar.
- 2020 Pinot Noir unfiltered durchläuft eine 6-wöchige offene Maische-Gärung – 100% biologisch und hat offensichtlich ob seiner Jugend noch lange nicht seinen Höhepunkt erreicht – wie überhaupt zu bedauern ist, dass zumindest die Rotweine dieser Weinprobe alle Opfer von „Kindesmord“ waren – schade, aber auch der Tatsache geschuldet, dass die Mehrzahl älterer Jahrgänge schon ausverkauft ist.
- Was auch für 2020 Hellfire Pinot Noir gilt! Die Frage nach dem bedenklichen Namen beantwortet sich aus der Originallage „Gundersheimer Höllenbrand“. Nach 15 Monaten im neuen Barrique ist das Holz schon wunderbar eingebunden – ein harmonischer Spätburgunder mit nachhaltigem Abgang, der Anlass zu schönsten Hoffnungen gäbe – wäre er denn in entsprechenden Mengen verfügbar!!
- Als „Zugabe“ gab es eine am gleichen Tag vom Winzer komponierte „Fass – Cuvée“ 2020 Assemblage Réserve aus Cabernet Sauvignon, Merlot, Cabernet Franc, Carmenere und Malbec, die sozusagen die Philosophie von Christian Peth subsummiert! Auf den ersten Schluck ein verlockendes Bouquet in jeder Beziehung – reiche Beerenfrucht, Mokka- und Röstnoten. Es bleibt abzuwarten, was dann auf der Flasche in angemessenem Alter daraus wird!
Aus oben genannten Gründen waren die Grand-Vintage Qualitäten nicht auf der Verkostungsliste – bei ihrer preislichen Einordnung ab 45€ vielleicht auch eine richtige Entscheidung?! Die Estate- und Unfiltered-Qualitäten ordnen sich ab 7€ in angemessenen, konkurrenzfähigen Bereichen ein.
Summa summarum waren die 22 anwesenden Weingeschwister und ein Gast mit der Veranstaltung, der Referentin und den Weinen offensichtlich zufrieden – das Wetter tat sein Übriges und entließ die Zecher in eine milde sommerliche Nacht – befrachtet mit viel Denkenswertem.