Protokoll der Verkostung vom 30.06.2021 im Bürgerhaus Staffel

Auferstanden von den Viren und den Reben zugewandt……..

Auf den Tag neun Monate nach der – Corona-bedingt – letzten Verkostung des Jahres 2020 im Bürgerhaus Staffel trafen sich 27 freudig erregte Weingeschwister,

namentlich Jola & Arnold Blaschczyk, Hans-Günther Bausch, Johanna & Werner Fiebiger, Irene & Werner Fuhrmann, Erna & Ralph Gatzka, Christa & Heinz Huth, Rosemarie & Guenther Kretzer, Jutta & Olaf Krause, Jürgen Lanz, Doro Benner- & Sigi Luger, Roswitha & Werner Müller, Fred Reichwein, Gretel & Paul-Friedhelm Scheu, Gabriele Schreiner & Manfred Hammes. Anette Tomik sowie „last but not least“ Alf Weiss zu einem lange ersehnten Wiederbeginn des gemeinsamen Dienstes zu Ehren des Gott Bacchus.

Nichts weniger als eine Champagner-Verkostung hatte der Vorstand ausgelobt und dem Kellermeister „carte blanche“ bei der Auswahl der Schaumweine erteilt.
Gemäß der geltenden Vorgaben in Zeiten der Pandemie gab der Bruderschaftsmeister kraft seines Amtes und seiner naturgegebenen Autorität den Türsteher, begrüßte die Teilnehmer, kontrollierte hochnotpeinlich Impfpässe, Test-Zertifikate und LUCA-Apps, hakte alles in der gebührenden Aufstellung ab und gab den Eintritt frei. Jene, die ihr Häkchen (oder auch zwei!) auf der entsprechenden Speisenkarte getätigt hatten, wurden reichlich von dem „Maitre de Cuisine“ des Bürgerhauses bedient und gastroenterologisch-metabolistisch mit den entsprechenden Grundlagen für das Kommende präpariert. Selbst die „ohne Häkchen“ fanden gastfreundliche Aufnahme (Merke: wo ein Kästchen „Teilnahme“ ist, muss auch ein Haken rein, wenn man teilnehmen will!)
Pünktlich um 19.30h nahm der Bruderschaftsmeister das Wort zwecks förmlicher Begrüßung, um es flugs an den „Maitre de Plaisir“ des Abends, vulgo Kellermeister Alf zu delegieren, der mit dem gewaltigen Dreiklang „Taittinger“ – „Heidsick“ – „Pommery“ anhub, eine Verkostung unter dem Motto „Genuß“ zu zelebrieren, hatte sich doch – um der Wiedersehensfreude freien Lauf zu lassen! – der Vorstand verständigt, von einer akademischen Probe Abstand zu nehmen, was den KM jedoch nicht davon abhalten konnte, einiges Grundlegende in Sachen Champagner, Rohstoffe und Geschichte vorzutragen. Beruhigend und motivierend insbesondere auch mit der ersten Information, dass englische Wissenschaftler nachgewiesen haben wollen, das ein wöchentlich dreimaliger Champagner-Genuss als probates Prophylaktikum gegen Alzheimer und Demenz und überhaupt bei Migräne anzuwenden sei. Der secretarius als Naturwissenschaftler vertraut fest auf die Evidenz dieser Forschungen, hat jedoch ernsthafte Zweifel in Sachen Dosierung, ist doch bekannt, dass Unterbrechungen bei der Einnahme von Heilmitteln gravierend negative Folgen haben können!!

Grundlegendes vermeldete der KM in Sachen der bei der Herstellung von Champagner berücksichtigten Rebsorten, die traditionell Chardonnay, Pinot Meunier und Pinot Noir in wechselnder Zusammensetzung sind (bis hin zu 100% Chardonnay im Fall von A. Robert). Der Zusatz von Zucker („Dosage“) bestimmt die Einordnung der Schaumweine, wobei bis zu 12 g/l in einer „Brut“-Qualität zulässig sind. Ein Exkurs in Sachen Champagner mit „Dosage 0“ wie im Fall des „Brut-Zero“ aus dem Hause Marniquet war zwar lehrreich, erzeugte aber bei den naturwissenschaftlich vorgebildeten Teilnehmern hinsichtlich der Durchgängigkeit der Argumente Zweifel, ist doch der Restzucker in den Weinen zu berücksichtigen. Ein weiteres Qualitätskriterium der Schaumweine, ist die „Perlage“ als Funktion der Verweilzeit auf der Feinhefe, die mehrere Jahre (Pommery Noir: 3 Jahre) betragen kann. Hier gilt die Faustregel, dass mit steigender Verweilzeit die Perlen feiner und die Champagner besser werden. Zu erwähnen ist noch, dass für die Herstellung im Allgemeinen und Speziellen die „méthode champenoise“ gilt.

Wer den Kellermeister kennt, wird nicht verwundert sein zu erfahren, dass er auch in diesem Fall den älteren Jahrgängen das Wort redet – den Beweis seiner These trat er mit je einem Beispiel aus den Häusern Dumont und A. Robert an. Mit steigendem Alter gewinnt dann natürlich das Degorgieren (Methode zum Entfernen der ausgefällten Hefe) an Bedeutung.
Nachdem der Auftakt-Akkord – bei differenzierter Meinungsbildung zu den Präferenzen im Auditorium (der secretarius estimiert den Pommery) – ging es von den auch in Sachen Produktionsmenge Großen zu kleineren – aber feinen! – Produzenten. Der KM wies darauf hin, dass die Zahl der kleinen Betriebe (<20ha) nach wie vor bedeutend ist – wenn auch hier die Konzentration zu größeren Einheiten unverkennbar ist.

Aus dem Hause Marniquet in Verdeuil präsentierte sich der schon zitierte „Brut-Zero“ durch seine Dosage 0 und der Tatsache, dass in der Fabrikation kein Schwefel zum Einsatz kommt, mit einer deutlich differenzierten Zunge, die Anlass zu mancherlei Spekulationen gab. Aus dem gleichen Haus folgte – als Zugabe des Kellermeisters – ein beschwingter Rosé 1er Cru, dem nichts Schlechtes nachzusagen ist.

Mit dem 2012 Jahrgangs-Champagner Rilly La Montagne Brut Cuvée d’Excellence von Daniel Dumont auf der Zunge allerdings bekam die Chose eine andere Dimension. Ein 1er Cru, nach 6 Monaten im Barrique, 2013 auf die Flasche gezogen, durfte er 5 Jahre im Keller reifen (Degorgement 2017) – da war man schnell einhelliger Meinung – und das Ganze zu einem durchaus attraktiven Preis von unter 30€!

Einen Seitensprung wagte unser Kellermeister aus den Tälern der Champagne mit ihren Kreide- und Mergel-Formationen in das schiefrige devonische Rheintal und kredenzte einen 2010 Ratzenberger Spätburgunder (100%) Brut. Da war es dann vorbei mit den duftigen Nasen der Champagne – der mittelrheinische Kellerduft verschaffte sich Platz. Dennoch ein respektables Gegengewicht, das als Sekt durchaus gegen seine entfernten Vettern bestehen kann – und das ganz ohne Chardonnay!!

Dem stellte der Experte als Letzten einen 100%igen Chardonnay Terre de Mesnil Grand Cru 2011 aus dem Haus André Robert in Le Mesnil sur Auger gegenüber, zu 20% im Holzfass ausgebaut, 8 Jahre auf der Hefe, Degorgement 2018. Das war ein würdiger letzter Vertreter des französischen Champagner-Kultur in dieser Verkostung, der mit der Dumont-Kreation ebenbürtig um die Palme des Abends konkurrierte.

Eine Palme aber gebührte wieder einmal dem Kellermeister für seine Auswahl, seine Mühen und die Leichtigkeit seiner Conference, in der sich Faktisches und Anekdotisches die Waage hielten. Überreicht wurde sie mit den Dankesworten des Bruderschaftsmeisters und dem Applaus der Weingeschwister.

Mit dem Hinweis des secretarius auf die – vorbehaltlich der Corona-Situation! – kommenden Veranstaltungen – Vorstellung des Weinmachers Stefan Breuer aus Rauenthal und Besuch des Weingutes Weil im Rheingau – endete der offizielle Teil der Veranstaltung gegen 22.30h.

Die Trocknung der Neigen gab Anlass und Gelegenheit zu weiterer munterer Konversation.