Protokoll der Verkostung vom 27. Februar 2019
10 Rote aus deutschen Landen
Von Cabernet Sauvignon bis Pinot Noir
Vom Phyllit-Schiefer zum Lößlehm
Ein Parforce – Ritt zu den Rotspon – Machern
Als Abgesang auf die Winter – Rotwein – Saison 2018/19 hatte sich Kellermeister Alf Weiss fünf klassische Weinbauregionen auserkoren, aus denen er jeweils zwei Rotweine, von denen einige schon in der Vergangenheit den Weg in die Verkostungsgläser der Weinbruderschaft geschafft hatten. Augenscheinlich wollte er neben dem Sachverstand auch das Erinnerungsvermögen der Weingeschwister
– Jola & Arnold Blaschczyk, Erna & Ralph Gatzka, Jutta & Olaf Krause, Gabriele Schreiner & Manfred Hammes, Ernst-Dieter Irle, Heinz Huth, Jürgen Lanz und – zeitweise – Peter Schardt
in einer Blindverkostung testen. Als Kompaß durch die Verkostung diente ein opulentes Kompendium, dass allerdings neben den Namen der Winzer nur allgemeine Informationen zu den Lagen und Böden enthielt, die Rebsorte und den Jahrgang allerdings verschwieg. Diese zu ergründen war Aufgabe des Kolloquiums. Methodischer Bestandteil des Schriftsatzes war traditionell auch das allen schon aus vorherigen Veranstaltungen wohl bekannte Degustationsblatt als Richtschnur. Letztendlich erfolgte der Hinweis, dass nach einer ersten Gruppe der Weine aus den den verschiedenen Anbaugebieten die zweite in beliebiger Reihenfolge ausgeschenkt werde und somit eine Zuordnung zu der ersten erfolgen solle. Seine einführenden Worte beschloß der KM mit der Aufforderung „Jeder Kommentar ist willkommen – und sei er noch so falsch!“
Als Famulus hatte er sich den secretarius auserkoren, die mit Erläuterungen zu dem jeweiligen Terroir goldene Gedankenbrücken zur Lokalisierung und Einordnung der Weine liefern sollte.
Selbiger allerdings beliebte die Versammelten erst einmal durch eine allgemeine Definition des Begriffs zu erleuchten (oder eher zu verwirren?). So führte er unter anderem aus, dass nicht nur Geologie und Bodentypen das Terroir bestimmen, sondern darüber hinaus Morphologie, geographische Ausrichtung, mikroklimatische Aspekte, Düngung, die Löslichkeit der Minerale infolge des pH – Wertes der Böden und Wässer und so weiter und so fort….
Dies gesagt ging es „medias in res“ mit der Beschreibung der ersten Anbau- Region, zu der zu sagen war, dass sie fast ausschließlich aus devonischen Schiefern und Quarziten des Erdaltertums in südwestlichen bis westsüdwestlichen Steillagen besteht. Einerseits beeinflußt die dunkle Farbe der Gesteine mit hohem Wärmespeicherungs-Potential die Rebstöcke, andererseits die kühleren Winde in den oberen Hanglagen. Obwohl das Terroir nun wirklich nichts mit dem tertiären klassischen Rheingau – Sedimenten zu tun hat, gehört der erste verkostete Wein in diese Region. Schnell bestand Einigkeit hinsichtlich der Rebsorte, und auch der Erzeuger war mit Richard Weil bald identifiziert
– 2012 Assmannshäuser Höllenberg,
dem allerdings der Jahrgang 2012 erst nach Diskussion zugebilligt wurde.
Als Schlüsselwort für die zweite Region nannte der secretarius den Begriff „Trias“, den Dreiklang aus Buntsandstein, Muschelkalk und Keuper des Erdmittelalters mit weniger steilen Hängen, die überwiegend südöstlich bis südwestlich ausgerichtet sind. Wie so manch andere Weinbauregionen rühmt sich auch diese ihres mediterranen Mikroklimas.
Der geneigte Weinkenner denkt natürlich bei Trias schnell an jene fünf fränkischen Winzer, die sich gemäß des gemeinsamen Terroirs unter diesem Namen zusammen getan haben. Im konkreten Fall handelt es sich um das Weingut Störrlein – Krenig, dessen
-2013 Randersacker Sonnenstuhl Spätburgunder,
in der Wahrnehmung vieler für sein Alter sehr frisch im Glas stand. Unser Kelllermeister wies auf das diesen Wein prägende Terroir aus Muschelkalk hin.
Flugs ging es weiter in die nächste Region, die wiederum geprägt ist durch devonische Schiefer und Grauwacken in teilweise extremen Steillagen, die vornehmlich gegen Süden ausgerichtet sind – schließlich sind wir nun in einer der nördlichsten Weinbau-Regionen Deutschlands! Weinbruder Jürgen Lanz nahm als erster „Witterung auf“ und erkannte das Ahr-Tal als Heimat des
-2012 Bernauer Hardtberg aus dem Weingut H.J. Kreuzberg.
Allerdings war man sich über die Rebsorte nicht einig, was nicht zuletzt wohl auch der Tatsache geschuldet war, dass es sich um ein Großes Gewächs handelt. In diesem Fall hat sich ein Frühburgunder zu Volumen und Kraft aufgeschwungen – durchaus ungewöhnlich für diese Region.
in der vierten Abteilung ging die Reise nach Süden in eine tektonisch N-S ausgerichtete Struktur, in deren Terrassenlandschaft alle geologischen Abfolgen beginnend im Erdmittelalter bis hin zu den Löß – Ablagerungen der letzten Eiszeit einschließlich einiger lokaler Intrusivgesteine wie Granit oder Diorit vertreten sind und damit die verschiedenartigsten Mineralangebote bereit halten. Es fiel den Bacchus-Jüngern nicht schwer, die südliche Pfalz, namentlich die Gemarkungen um Gleiszellen-Gleishorbach, zu erkennen, schwerer wurde schon die Bestimmung der Rebsorte, obwohl auch dieser Wein
– 2012 Sankt Laurent, Weingut Schönlaub
unlängst in einer anderen Verkostung ausgeschenkt wurde!
Zur Klarstellung der Herkunft der Rebsorte vermerken die einschlägigen Lexika, dass die Laurenzi – Traube wohl eine Kreuzung aus einer Burgunder- und einer bislang unbekannten Rebe ist, die originär aus der Champagne stammt, dort aber nicht mehr angebaut wird. 1860 kann die Rebe durch den Ökonomierat Bronner nach Deutschland, Hauptverbreitungsgebiet ist heute die Steiermark. Der Name leitet sich sehr wahrscheinlich von dem Sankt- Laurent-Tag im August ab, zu dem die Traube in der Regel lese-reif ist.
Als fünfter Wein der ersten Staffel stand ein Gewächs aus der Erdneuzeit, hier insbesondere aus dem Tertiär (75- 30 Mio Jahre) im Übergang zur dem vorgenannten Terroir an – insbesondere Löß- und Kalkmergel auf Kalkstein, Sand und Kies – auf dem Programm. Bebaut werden insbesondere Ost- und Südhänge im Übergang zwischen dem Mainzer Becken und den nördlichen Ausläufern der Pfalz.
– 2011 Spätburgunder Reserve , Weingut Knipser, Pfalz
entkorkte der Kellermeister und erntete allenthalben Zuspruch für einen voluminösen Roten, der in voller Kraft steht und noch viele Jahre vor sich hat. Ein würdiger Vertreter der Pfälzer Rotwein – Kultur!
In der zweiten Runde bestand die Aufgabe neben dem Erkennen der Rebsorten in der Zuordnung zu einem der fünf genannten Weinbau-Regionen und dem korrespondierendem Wein.
Zwanglos wurde die Pinot Noir – Rebe des sechsten Weines erkannt, und auch die Nachbarschaft zu dem Terroir des Weilerschen Spätburgunders war unverkennbar. Im Klartext handelte es sich um
– 2012 Rüdesheimer Schloßberg Spätburgunder Auslese, Weingut Michael Schön, Aulhausen
Man ist immer wieder erstaunt, was der Winzer aus seinen 4 Hektar Weinbaufläche zaubert!
Von einigen erfahrenen Rotweinnasen wurde die in deutschen Landen eher weniger angebaute Traubensorte Cabernet Sauvignon des nächsten Weines erstaunlich schnell erkannt, weniger leicht fiel allerdings die geographische Zuordnung:
– 2014 Flemlinger Vogelsprung Cabernet Sauvignon des Weingut Hagenbuch
wurde mit der Ortschaft Hainfeld letztendlich der Südpfalz zugeordnet.
Nun war es leicht, anhand von Analogien und den Unterlagen die letzten drei Winzer zu identifizieren. Als ersten Rudolf Fürst aus der Gruppe der Trias Winzer, dessen einfacher, aber ausdrucksreicher
– 2015 Burgstätter Spätburgunder
das Buntsandstein – Terroir trefflich schmecken läßt.
An dem vorletzten Wein sollten sich die Weingeschwister dann allerdings die Zähne ausbeißen, obwohl die intensive Färbung doch deutliche Hinweise gab. Zugegebenermaßen aber ist
– 2005 Dorfelder trocken Barrique von Andreas Espenschied
aus Horrweiler nicht der Wein, den man alle Tage im Supermarkt kaufen kann. Der Quereinsteiger aus dem Börsengeschäft wollte beweisen, dass man den Dornfelder sehr wohl zu einem großen Wein ausbauen kann. Man muss ihm bescheinigen, dass der Nachweis gelungen ist – auch wenn er seine Bemühungen inzwischen aufgegeben hat! Da unser Kellermeister aktiv an der Vinifizierung mitgewirkt hat, befinden sich noch einige Flaschen in seinem Besitz.
Man konnte erwarten, dass der KM als zweiten Wein aus der Ahr – Region ein Produkt von Jean Stodden offerieren würde! Mit
– 2012 Recher Herrenberg Spätburgunder Grand Cru
setzte er in diesem Fall einen weiteren Höhepunkt und verdiente sich den Beifall des Auditoriums. Das ist – zugegebenermaßen Rotwein – Kultur auf höchstem Niveau – auch wenn dieser Wein auf dem Markt nicht mehr verfügbar ist!
In der abschließenden Analyse betonte der KM nochmals die große Bandbreite deutscher Rotweine, von denen einige auf internationalem Niveau durchaus mithalten können, und lobte die wachsende Kompetenz und Experimentierfreudigkeit der Winzer.
Der secretarius relativierte in seiner Schlußbemerkung die Bedeutung des Terroirs in der Vinifizierung, betonte aber den Einfluss auf die Qualität des Rohstoffs Traube. Schließlich stellte er namens der Anwesenden und unter anhaltendem Beifall selbiger fest, dass der Kellermeister den Wissensstand der Weingeschwister ein weiteres Mal deutlich erweitert habe und dass das Format der Veranstaltung durchaus Anklang gefunden habe und Wiederholung verdiene.
Gegen 23.00h verließen zufriedene Weintrinker*innen das Kolpinghaus.